Die Deponie Los Barrios: Müllsortierung, wenige Störche, viele Geier

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Als wir, vor etwa 10 Jahren im Rahmen der ersten Phase des Projekts „SOS Storch“, die Deponie Los Barrios nahe Gibraltar besuchten, sah es dort ähnlich aus wie heute in Medina Sidonia. Hunderte Störche, riesige Mengen unsortierten Mülls, die von Lastwagen einfach auf die Halde gekippt wurden. Heute ist die damalige Deponie geschlossen und nur noch als klaffende, wenn auch begrünte Wunde in der Landschaft zu erkennen. Die neue Deponie, nur wenige Kilometer entfernt, bietet ein völlig anderes Bild.

Grosse Hallen erstrecken sich am Rand des weitläufigen Geländes. Zahlreiche Entladerampen, ordentlich nummeriert, sind die Anlaufstellen der LKWs (meist Kompaktier-Laster), die dort in überdachten Nischen den Müll abladen. Der angelieferte Müll ist offenbar bereits vorsortiert. An manchen Rampen wird überwiegend Glass entladen, an anderen dagegen Müll, der auch organisches Material enthält. Auf weiteren, hallenähnlich überdachten Arealen wird bereits sortierter Müll gelagert: Plastik in dem einen, Metall in dem nächsten usw…. Infotafeln, offenbar für geführte Rundgänge, weisen auf die Bestandteile hin, die getrennt und dann deponiert werden. Weiter hinten im Deponiegebiet sind auf grosser Fläche grosse, etwa 1 Kubikmeter messende Würfel zu sehen, gepresste Abfälle, vermutlich sortierter Müll, der so endgültig deponiert wird. Plastiktüten in den Zäunen findet man in und um die Deponie kaum, ein Zeichen dafür, dass aller angelieferte Abfall verarbeitet wird.

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Grosse Tafeln am Eingang des Geländes weisen darauf hin, dass die Anlage mit Millionenbeträgen zu 85% von der EU co-finanziert wurde. Selbst viele der Mülllaster tragen das EU-Logo. Ausser den LKW-Fahrern sieht man kaum Menschen. Die Fahrer wissen, an welcher Rampe sie ihre Ladung loswerden können. Das alles sieht aus nach einem gut organisierten Industriebetrieb. Betreten kann ich die Deponie zwar nicht, und Überwachungskameras gibt es auch hier. Aber selbst, als ich mit dem Teleobjektiv direkt am Zaun fotografiere, bekomme ich keinen Ärger.

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Und wie sieht es aus mit den Störchen? Einzelne oder Gruppen bis 20 kann ich beim Thermiksegeln über der Deponie beobachten. Einige stehen auf den Dächern der Hallen. Viele Störche sind hier nicht, schon gar nicht vergleichbar mit Medina Sidonia oder Dos Hermanas. Auch andere Beobachter, z.B. Daniel Schedler, hatten das ja bereits berichtet. Als ich dann einen LKW sehe, beladen mit Sperrmüll, der nicht an einer der Rampen anhält, sondern weiter in das Deponiegelände hineinfährt, entdecke ich dann doch noch ein Stück Deponie, das an die anderen, bisher besuchten Anlagen erinnert. Weit hinten gelegen, nur im Fernglas zu erkennen, ist es eine kleine Halde, die während der 3-stündigen Beobachtungszeit nur von 2 LKWs angefahren wird. Einer transportiert Sperrmüll, der andere anscheinend Haushaltsabfälle. Beim Entladen kann ich dort im Spektiv maximal 100 Störche erkennen, die sich kurzzeitig ähnlich verhalten wie in Medina Sidonia. Aber schnell kehrt dann wieder Ruhe ein. Der Bulldozer zum Verteilen des Mülls wird nicht in Betrieb gesetzt.

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Etwa 40 Gänsegeier sitzen, nicht weit von dieser „wilden“ Halde entfernt, am Boden, weitere segeln in der Thermik. Sie reagieren nicht, als der mit Haushaltsmüll beladene LKW erscheint. Ich vermute, es sind rastende Zugvögel. Auch etwa 100-200 Schwarzmilane halten sich auf der Deponie auf. Sie sind wahrscheinlich ebenfalls auf dem Zug aus Afrika Richtung Norden.

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Es gibt also offenbar, neben der „geordneten“ Deponierung bzw. Müllverarbeitung, eine kleine, nur wenig frequentierte Deponiefläche für nicht zugeordnete Abfälle. Für die ziehenden Störche erscheint die mir eher irrelevant. Dafür spricht ihre geringe Ausdehnung und auch die geringe Zahl der Störche.

Als ein LKW an einer bereits vollen Entladestelle ankommt, kippt er seine Ladung vorübergehend auf den Asphalt vor der Halle. Neben den zahlreichen Kuhreihern, die hier überall präsent sind, erscheinen auch zwei Störche und suchen in dem Müllhaufen nach Fressbarem. Viel finden sie dabei nicht, und bald verlieren sie das Interesse.

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Mein Fazit:
Die Deponie Los Barrios ist offenbar weitestgehend umgestellt auf das in der EU-Richtlinie geforderte Ziel, organische Abfälle auf der Deponie drastisch zu reduzieren. Die Bedeutung der Deponie für den Storchenzug ist aller Wahrscheinlichkeit nach nur minimal. Beobachtungen im kommenden Winter müssen zeigen, ob das auch während der Haupt-Überwinterungszeit gilt. Es ist davon auszugehen, dass ein solcher Prozess in einigen Jahren auch in den Deponien Dos Hermanas und Medina Sidonia umgesetzt wird. Entsprechende Hallen und Einrichtung sind dort ja bereits vorhanden. Die Deponien in der Form, wie sie von Tausenden Störchen genutzt werden, wären dann nicht mehr existent. Wie die Störche damit umgehen, dass wird die Zukunft zeigen – und hoffentlich auch unser Projekt.

Auf der Deponie befindet sich auch ein kleiner, mit Folie ausgekleideter „See“ am Rand einer riesigen Halde. Das Wasser schillert türkisfarben und ist sicher stark belastet. Woraus die Halden bestehen, aus denen das Wasser vermutlich austritt, kann ich nicht sagen. Zahlreiche Möwen nutzen die Wasserfläche zum Baden, und auch andere Vogelarten kommen zum Trinken dort hin. Eine Gefährdung der Vögel durch dieses Wasser lässt sich sicher nicht ausschliessen.

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