Wieder keine Neuigkeiten von Seiten der Deponiebetreiber. Und morgen ist Freitag, da ist so mancher schon gedanklich im Wochenende. Ich gebe allmählich die Hoffnung auf, in diesem Winter noch einen Blick in die Deponie werfen zu können.
Trotz meines Ärgers mache ich mich am Nachmittag auf den Weg. Herr Pirmin Hilsendegen hatte in einem Kommentar in diesem Forum (siehe hier) berichtet, dass er vor 2 Jahren in der ehemaligen Lagune „La Janda“ zahlreiche Weissstörche gesehen hat. Das Gebiet will ich mir deshalb anschauen.
Weit muss ich dafür nicht fahren. Von Conil aus sind es gerade mal etwa 23 Kilometer nach Südwesten. Die Laguna „La Janda“ liegt in der Niederung des Rio Barbate. Das ehemals ausgedehnte Feuchtgebiet wird seit seiner Entwässerung in den 1960er Jahren intensiv landwirtschaftlich genutzt. Am Rande des Gebiets stehen die grossen Farmen, im topfebenen Zentrum erstrecken sich heute Ackerflächen, die durch schmale Dämme voneinander getrennt sind. Auf diesen Dämmen übernachteten laut der Schilderung von P. Hilsendegen die Störche, und zwischen „La Janda“ und dem nur etwa 25 km entfernten Medina Sidonia herrschte „reger Flugverkehr“.
Mehrere unbefestigte Strassen führen auf breiten Dämmen durch das Gebiet, und so kann ich praktisch jeden Winkel erkunden. Trotz intensiver Suche sehe ich keinen einzigen Weissstorch. Gegen Abend fliegen grosse Scharen von Enten ein und landen auf den Kanälen. Gruppen von teilweise mehr als 100 Kuhreihern versammeln sich auf den Äckern und Dämmen. Trotz des kalten Windes stehe ich draussen und suche mit dem Fernglas die endlosen Flächen sorgfältig ab. Plötzlich, kurz vor Sonnenuntergang, höre ich die unverwechselbaren Rufe von Kranichen. Nicht von einzelnen Vögeln, sondern das müssen riesige Scharen sein.
Dann sehe ich die Kraniche in grossen Trupps heranziehen, einige in V-Formation, andere in langgezogener Kette. „La Janda“ macht seinem Ruf als wichtiger Rastplatz für Zugvögel alle Ehre. Nur einen Teil, etwa 1000 Kraniche, kann ich zählen, aber immer weitere Trupps fliegen ein, bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Luft ist erfüllt vom Rufen der grossen Vögel, die in die ehemalige Lagune kommen, um auf den Äckern die Nacht zu verbringen.
Erst, als es stockfinster ist, verstummen die Rufe. Weissstörche habe ich heute nicht gefunden, aber ein anderes faszinierendes Naturschauspiel erlebt. Und wieder einmal wundere ich mich, wie fest traditionelle Rastplätze während des Zuges im Verhalten der Vögel eingebunden sind – selbst dann, wenn diese im Lauf der Jahrzehnte ihren eigentlichen Charakter längst verloren haben. Zu Beginn des kommenden Winters werde ich diesen Ort wieder besuchen. Vielleicht sind dann auch die Weissstörche da.