Am Vormittag steht wieder mal Schreibtischarbeit an. Google wollte unsere Website nicht so recht finden. Also versehe ich die bisherigen Beiträge mit passenden Keywords, und – schwupp – wird Google fündig. Jetzt müssen nur noch die Zugriffszahlen steigen. Am späten Nachmittag dann fahre ich mit Daniel und seinem Sohn Linus wieder zur Deponie. Was folgt, ist ein grossartiges Erlebnis.
Wie immer während der vergangenen Tage suchen wir unseren Ausguck auf, auf der Piste, die die Deponie umrundet. Viel los ist auf der Deponie heute nicht, aber wir hatten ja ohnehin erwartet, dass die Zahl der Störche wegen der „Heimreise“ vieler Überwinterer nun täglich zurückgeht. Ab etwa 18:30 Uhr fliegen ab und zu einzelne Störche nach Westen. Akribisch notieren wir die Zahlen und sind gespannt, ob wir 500 zusammen bekommen.
Etwa um 19 Uhr, wir haben noch keine hundert Störche gezählt, beginnt der Abflug von der Deponie etwas schneller zu „tröpfeln“. Ein paar Minuten später wird aus dem Tröpfeln ein gleichmässig fliessender Strom. Nie im grossen Trupp, sondern kurz hintereinander in kleinen Gruppen, ziehen die Vögel zum Schlafplatz. Vor dem zuerst blassrosa, dann tief roten Himmel können wir die Vögel gut zählen. Daniel zählt links, sein Sohn Linus rechts von unserem Standort. In 5-er-Gruppen werden die Vögel notiert. Schliesslich scheint es, dass der Strom der schwer mit den Flügeln rudernden Störche nicht mehr abreist. Bis zum Horizont ist am jetzt roten Himmel eine endlose Kette fliegender Vögel zu erkennen. Die Luft scheint zeitweise mit Störchen gefüllt. Selbst, als um 19:30 Uhr kaum noch Licht zum Zählen vorhanden ist, verlassen noch weitere Störche die Deponie.
Seit mehr als einer Stunde ziehen jetzt Weissstörche von der Deponie Richtung Schlafplatz. Als es schliesslich zu dunkel wird, beenden wir die Aktion. Daniel addiert die Zahlen, und das Ergebnis haut uns um. Mehr als 2000 Störche haben wir heute gezählt, genau waren es 2178. Und das, obwohl wir bereits mehrfach den Beginn des Heimzugs von Storchentrupps dokumentieren konnten. Kein Zweifel, die Deponie von Medina Sidonia ist nach wie vor ein stark frequentierter „Überwinterungsort“ westziehender Weissstörche – trotz angeblicher Massnahmen zur Reduzierung der organischen Anteile deponierten Mülls. Die Deponie hat noch immer grosse Bedeutung als Nahrungsressource.
Auf der Rückfahrt nach Conil diskutieren Daniel und ich die Situation. Wie wird der Müll tatsächlich behandelt? Oder wird er unbehandelt deponiert? Wie passt das Ganze zur EU-Richtlinie? Wurde mit der praktischen Umsetzung vielleicht noch gar nicht begonnen? Es können nicht nur Restteile organischen Mülls sein, die die Vögel auf der Deponie finden, denn seit einigen Tagen sehen wird dort regelmässig auch viele Gänsegeier.
Unsere eMail an den Direktor der Deponie wurde, wie wir heute Abend erfahren, auch diesmal wieder nicht zugestellt. Ab morgen werden wir über andere Personen versuchen, Kontakt zur Deponieleitung zu finden. Es wird allmählich wirklich Zeit, dass wir endlich einen Blick ins Innere der Anlage werfen.
Zu den beiden in diesem Beitrag gezeigten Fotos ist zu bemerken: Fotografieren ist während des Schlafplatzfluges der Störche wegen fehlenden Lichts nicht möglich. Mit der Videokamera jedoch gelingen die Aufnahmen noch. Die beiden Fotos in diesem Beitrag wurden aus dem Videomaterial extrahiert, das den Trupp aus 400 Störchen zeigt, den wir vor einigen Tagen beobachten konnten. Die Videoaufnahmen von heute konnte ich bisher noch nicht auf den PC überspielen. Hoffentlich gelingt es in den nächsten Tagen, das Video fertigzustellen.