Bürgermeister Victor del Moral und Holger Schulz. Foto: C. Dominguez
Carmen Dominguez hat meinen Besuch im „Europäischen Storchendorf“ Malpartida de Caceres perfekt organisiert. Pünktlich wie ein schweizer Uhrwerk erscheint sie am vereinbarten Treffpunkt. Nach einem kurzen Kaffee geht’s direkt in die Gemeindeverwaltung des 2000-Einwohner-Orts. Bürgermeister Victor del Moral nimmt sich Zeit für ein ausführliches Gespräch über den Grund und die Ziele unseres Projekts. Als ich ihm erläutere, welch grosse Bedeutung Malpartida de Caceres für unsere Projektziele hat, weil dies der bisher einzige Ort ist, in dem sich die Folgen der Schliessung einer Deponie unmittelbar zeigen, ist er erfreut. „Es ist wichtig, dass die gesamte Verwaltung von Malpartida de Caceres, hauptsächlich unsere Gemeinde, sich für den Weissstorch engagiert“, erklärt er, „Die Berücksichtigung der Umwelt und der Naturschätze sind für den Artenschutz ebenso wichtig, wie die Erhaltung und Wiederherstellung von Storchenlebensräumen für unsere Gemeinde“. Auch ein Vertreter des lokalen Fernsehens ist anwesend. Der Besuch des schweizerischen Projekts im Storchendorf ist dem kleinen Sender einen Beitrag wert.
Carmen drängt zum nächsten Programmpunkt. Im Besucherzentrum des Schutzgebiets „Los Barruecos“ warten bereits der Ranger Manuel Giraldo Acedo und Isabell Sauceda Pizzarro, eine Mitarbeiterin der Parkverwaltung, auf unser Erscheinen. In einem ausführlichen Vortrag schildern die Beiden die Folgen der Schliessung der alten Deponie von Caceres für die Störche.
Carmen Dominguez und Isabell Sauceda Pizzarro
Zwar wurde, nur wenige Kilometer entfernt, eine neue Deponie angelegt. In der wird jedoch organisches Material bereits drastisch reduziert, mit unübersehbaren Folgen für die Störche. Schon 2009, nur wenige Wochen nach Schliessung der alten Deponie, zogen praktisch alle Störche aus Malpartida nach 10 Jahren zum ersten Mal wieder ab. Im darauffolgenden Jahr ging der Brutpaarbestand um etwa 20% zurück, und auch der Brutfolg war deutlich niedriger. Die beiden Wissenschaftler führen das auf mehrere Gründe zurück, die unmittelbar mit der Schliessung der Deponie zusammen hängen. Zum einen bringen die Storcheneltern weniger Nahrung zu den Küken. Zum anderen haben sich die Schwarzmilane mangels der Nahrung und wegen der jetzt längeren Abwesenheit der nahrungssuchenden Storcheneltern vom Nest auf das Erbeuten von Weissstorch-Nestlingen spezialisiert.
Vor der Mittagspause, die um 15 Uhr geplant ist, haben wir noch Zeit, die Störche von Los Barruecos zu „besichtigen“. Trotz des fehlenden Sonnenlichts – heute Nachmittag ist der Himmel dicht bewölkt – mache ich beeindruckende Beobachtungen. Die mit finanzieller Unterstützung von „Storch Schweiz“ neu geschaffenen Nahrungsflächen und Tümpel für Störche, die den Nahrungsverlust nach Schliessung der Deponie teilweise kompensieren sollen, sehen vielversprechend aus. Die 25 direkt daneben aufgestellten Nistplattformen waren bereits nach 2 Jahren allesamt besetzt. Und trotz des heute wegen dichter Bewölkung fehlenden Sonnenlichts bietet die eigentliche Storchenkolonie auf den riesigen Granitfelsen ein beeindruckendes Bild.
Malpartida de Caceres tut vieles, um auch nach der Schliessung der Deponie seine Bedeutung als Storchendorf zu erhalten. Die Ergebnisse bestätigen, dass die Bemühungen sich lohnen. Auch ohne Müll sind der Ort und seine Umgebung noch für die Störche attraktiv. Dem Rückgang der Anzahl der Brutpaare und des Bruterfolgs wird dort mit sinnvollen Massnahmen gegengesteuert. Malpartida de Caceres ist ein musterhaftes Beispiel für den Umgang mit den Folgen der ökologisch notwendigen Veränderungen im Abfallmanagement.
Als ich am Abend nach einem einem ereignisreichen Tag Malpartida de Caceres verlasse, ist auf den Dächern des Ortes der Beginn der Brutsiason in vollem Gang. Für die Störche hat sich hier so manches verändert. Dem Ort jedoch halten sie trotzdem die Treue.
Das folgende Straßenschild übrigens, das ich in Malpartida de Caceres entdecke, trägt wohl eher zufällig den Namen meiner Gesprächspartnerin: